Historie der Tomate
Die interessante Erfolgsgeschichte von giftiger Zierpflanze zum beliebten Lebensmittel
(Foto: Bruno Nebelung GmbH)
Tomaten stammen ursprünglich aus Süd- und Mittelamerika. Frühe Hochkulturen wie die Maya kultivierten diese Pflanzen bereits vor Jahrtausenden. Dies ist durch die Funde von Samen in archäologischen Ausgrabungsstätten belegt. Der genaue Ursprungsort der Tomate ist jedoch nicht bekannt, ebenso wie sich die Frucht über ein so großes Gebiet verbreiten konnte. Spätere Zivilisationen wie die Azteken im heutigen Mexiko übernahmen die Nutzung der Tomate.
Die gesamte Historie der Tomate
Christoph Kolumbus wurde 1498 während seiner zweiten Amerika-Reise auf die Tomate aufmerksam. Er brachte einige Pflanzen mit nach Europa, wo diese im Lauf der folgenden Jahrhunderte zunächst im Süden des Kontinents Verbreitung fanden. Auch der spanische Eroberer Cortéz soll nach seinem Feldzug gegen die Azteken zu Beginn des 16. Jahrhunderts weitere Exemplare mit nach Europa gebracht haben. Das warme Klima in Spanien, Portugal und Italien ähnelt den Bedingungen in Mittel- und Südamerika und begünstigte daher den Anbau der Tomate. Anfänglich jedoch wurden diese Früchte in Europa nicht als Nahrungsmittel genutzt, da es Zweifel an ihrer Bekömmlichkeit gab.
Hinweis: Die Tomatenpflanze und ihre Früchte ähneln der Schwarzen Tollkirsche, deren Gift tödlich ist. Tomaten galten daher als schöne, aber gefährliche Früchte. Solche Vorurteile sollten noch sehr lange Bestand haben. Aufgrund dieser Ansicht wurden Tomaten wegen ihrer prallen Form und intensiven Farbgebung zunächst vorwiegend als Zierpflanzen kultiviert, die z.B. zur Verschönerung eines Raumes auf einer Schale arrangiert wurden.
Speziell in England und Nordeuropa bestand dieses Misstrauen über Jahrhunderte. In höheren gesellschaftlichen Kreisen kam es zu mehreren Vorfällen, bei denen Aristokraten nach dem Genuss von Tomaten starben. Die Schuld daran wurde der Frucht gegeben. Tatsächlich ging die Gefahr vom Geschirr aus, auf dem die Früchte gelegen hatten. Im 16. Jahrhundert waren Schalen und Teller aus Hartzinn in adeligen Haushalten weit verbreitet. Dieses Material ist sehr bleihaltig. Wenn säurehaltige Nahrungsmittel darauf gelegt werden, entsteht eine chemische Reaktion, bei der das Blei in die Frucht gezogen wird. Dies führt beim Verzehr zu einer Bleivergiftung, die tödlich endet. Menschen aus den unteren Schichten, die für ihr Geschirr andere Materialien wie etwa Holz verwendeten, waren diesem Risiko nicht ausgesetzt. Dieses Missverständnis wurde erst Jahrhunderte später aufgeklärt.
Der schwedische Biologe Carl von Linné klassifizierte Tomaten im 18. Jahrhundert als den Nachtschattengewächsen zugehörig, von denen viele Arten giftige Komponenten aufweisen. Tatsächlich enthalten die Blätter der Tomatenpflanze, der Stielansatz sowie unreife Früchte die Alkaloide Tomatidin und Solanin, die beim Verzehr ab bestimmten Mengen zu Verdauungsstörungen führen. Davon ausgehend waren die anfänglichen Vorbehalte gegen Tomaten nicht gänzlich unberechtigt. Es handelt sich dabei jedoch um keine lebensgefährlichen Gifte. Reife Früchte können unabhängig davon bedenkenlos verzehrt werden.
In manchen europäischen Ländern galt die Frucht auch als die Sinne verwirrendes Aphrodisiakum. Daher stammen auch die folgenden Bezeichnungen:
- „Paradeiser“ (Österreich),
- „Paradiescom“ (Ungarn)
- „Paradiesapfel“
- „pomme d´amour“ aka Liebesapfel (Frankreich)
Die Tomate hatte im Lauf der Geschichte auch andere Namen:
- „Goldener Apfel“ (Italien)
- „Peruanischer Apfel“
- Lycopersicon (Wolfspfirsich)
Hinweis: Speziell durch den Begriff „Paradiesapfel“ erhielt der Ruf der Tomate auch religiöse Aspekte. Die rote Farbe und die pralle Form wurden mit dem Apfel der Erkenntnis in Verbindung verbracht, von dem Adam und Eva gekostet haben sollen.
Erst seit dem 19. Jahrhundert, wird der Begriff „Tomate“ verwendet, der aus der Sprache der Azteken entlehnt ist. Dort findet sich das Wort „xitomatl“, das mit „anschwellen“ übersetzt werden kann und bereits auf die pralle Form der Frucht hindeutet. Dieses Wort wurde als „tomate“ in das Spanische übernommen und diente als Grundlage für die Bezeichnung der Frucht in vielen anderen Sprachen.
Erste Hinweise auf die Verwendung der Tomate als Nahrungsmittel finden sich in italienischen Kochbüchern aus dem 16. Jahrhundert, die bereits konkrete Zubereitungsmethoden beschrieben. Solche Schriftstücke fanden ihren Weg auch in andere Länder. Die darin enthaltenen Rezepte sorgten dafür, dass die Beliebtheit der Tomate auch außerhalb Südeuropas anstieg. Dadurch verloren Menschen in immer mehr Ländern ihr Misstrauen gegenüber der Frucht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Tomaten auch in Nord- und Mitteleuropa endgültig als Nahrungsmittel angekommen, auch in Deutschland und Österreich. Diese Beliebtheit hat bis heute Bestand.
Exkurs: Tomaten fanden nur auf Umwegen nach Nordamerika. Dort hielt sich der Glaube über die Gefährlichkeit der Tomate bis ins 18. Jahrhundert. Die Früchte wurden daher nicht aus dem benachbarten Mexiko importiert, was sich aufgrund der räumlichen Nähe und dem Bedarf an Nutzpflanzen angeboten hätte. Stattdessen brachten Einwanderer aus Südeuropa, die von der Nützlichkeit der Tomate wussten, die Früchte mit und kochten damit ganz selbstverständlich. Auf diese Weise wurden die jahrhundertealten Vorbehalte gegen die Tomate nach und nach abgebaut.
Es waren im Besonderen zwei Erfindungen, die Tomaten weltweit popularisierten:
- Schon im frühen 19. Jahrhundert tauchten in den USA erste Rezepte für Tomatenketchup auf. Der deutsch-stämmige Unternehmer John Henry Heinz begann 1876 damit, industriell produzierten Ketchup auf den Markt zu bringen. Die Marke erwies sich als sehr erfolgreich und hat bis heute Bestand.
- 1880 wurde in Neapel das erste Rezept für eine Pizza entwickelt. Als italienisches Nationalgericht sollte die Pizza Margherita die Landesfarben (weiß, grün und rot) beinhalten. Zusätzlich zu Mozzarella und Basilikum repräsentierte Tomatensauce die Farbe Rot auf der Trikolore. Aus diesen Anfängen entwickelte sich eines der beliebtesten und vielseitigsten Gerichte der Welt.
Die kommerzielle Nutzung der Tomate als Industriefrucht geht in besonderem Maß auf den amerikanischen Samenhändler und Unternehmer Alexander W. Livingston zurück. Dieser führte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts umfangreiche Kreuzungsversuche mit vielen verschiedenen Tomatensorten durch, um größere, saftigere und geschmackvollere Früchte zu erhalten. Zahlreiche neue Sorten gingen daraus hervor. Diese Vorhaben waren die Grundlage für den gewerbemäßigen Anbau von Tomaten, wie er heute üblich ist. Heute gehören die USA zu den weltweit wichtigsten Produzenten von vielen verschiedenen Tomatensorten.
Im 21. Jahrhundert gehört die Tomate zu den beliebtesten Nahrungsmitteln überhaupt und ist als Basis für Salate, als Beilage zu Hauptgerichten oder in verarbeiteter Form, etwa als Sauce oder Ketchup, überall zu finden. Die Fast-Food-Industrie im Besonderen könnte unmöglich auf diese Frucht verzichten. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten, die die Tomate aufgrund ihres schlechten Rufs in Europa und Amerika hatte, ist dies umso beachtlicher.
Fazit: Von einer Nutzpflanze, die von den Mayas angebaut wurde, über eine missverstandene und gefürchtete Zierfrucht bis hin zu einem Nahrungsmittel von globaler Bedeutung hat die Tomate eine bemerkenswerte Geschichte hinter sich.
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